An apple kept me 14 days away

Als Kind hörte ich den Satz immer wieder: „an apple a day keeps the doctor away“. Ganz klar wollte mich mein Vater von den Vorzügen eines Apfels überzeugen. Ich allerdings, blieb standhaft und konnte mich nur langsam für die Frucht erwärmen. Anders war da mein grundsätzliches Verhältnis zu einem großen Technologiekonzern, der auch was mit Obst zu tun hat. Dieser machte sich mit dem ersten per Finger bedienbaren Smartphone einen Namen und ist auch heute noch bekannt für seine hochpreisigen Markenprodukte, die gerne ein „i“ vor ihrem Namen tragen und ein angebissenes Stück Obst im Logo haben.

Doch als ich kürzlich mein „i“-Produkt in die Hand nahm, begann eine Geschichte, die mich wieder an meine Abneigung gegen den Apfel aus der Kindheit erinnerte. Nichts böses ahnend wischte ich über den Bildschirm, da wurde ich nach einem Passwort gefragt. Ich sollte das Passwort für meine Apfel-ID eingeben. Hmm… Was hatte ich da bloß festgelegt und warum werde ich plötzlich wieder danach gefragt? „Keine Sorge“, dachte ich, „ich habe ja das Passwort extra in einem Passwort-Safe abgelegt“. Ich gab also das Passwort ein. Das Feld zitterte kurz und fragte mich erneut. Ich wiederholte die Eingabe. Wieder quittierte das Passwortfeld die Eingabe mit einem Zittern. Ich wurde stutzig. In unendlicher Langsamkeit gab ich jedes Zeichen ein, drückte mit einer Mischung aus Hoffnung und wachsender Sorge die Schaltfläche „Eingabe“. Ein rotierender Kringel wurde angezeigt und die Hoffnung wuchs. Doch es folgt wieder nur ein Zittern der Eingabemaske und ich wurde erneut aufgefordert, doch endlich das richtige Passwort anzugeben.

Langsam stieg leichte Wut in mir auf. Wollen die mich ärgern? Ich hatte doch kein anderes Passwort? Was wollen die eigentlich von mir? Ich bin’s und das ist mein Gerät, dass ich gar nicht so billig gekauft hatte!

Aber so leicht ließ ich mich nicht einschüchtern. Da gibt es doch noch die Funktion „Passwort vergessen?“. Und langsam hatte ich den Verdacht, dass es wohl so sein könnte, dass ich das Passwort nicht nur vergessen, sondern auch nicht richtig notiert haben könnte! Also drauf tippen und Passwort ändern. Ich gab mein notiertes Passwort ein. Glücklich eine Lösung gefunden zu haben tippte ich auf „Ändern“. Eine Meldung erschien, dass ich kein Passwort benutzen dürfte, dass ich in den letzten 12 Monaten verwendet hatte. Also doch! Ich hatte mich nicht geirrt, dass war mein Passwort… oder hatte ich es geändert? Ich konnte mich nicht erinnern. Ich brach den Vorgang ab und gab mein Passwort siegessicher im Anmeldefenster ein. Der Kringel drehte sich und das Feld zitterte und gab mir zu verstehen, dass das nicht mein Passwort ist! Ich war frustriert. Sogar ziemlich! Aber das mit dem Zurücksetzen des Passwortes hatte funktioniert. Also warum kein anderes Passwort wählen und den ganzen Schmarrn vergessen?

Ab zur Funktion „Passwort vergessen?“. Doch was war jetzt? Ich sollte meine Telefonnummer bestätigen? „Na gut“, dachte ich, „wenn das was hilft, dann mach ich das halt“. Ich gab die Telefonnummer ein und bekam prompt eine 6-stelligen Code. Den gab ich ein und kam auf eine andere Maske, wo ich jetzt auch noch meine E-Mail-Adresse erneut eingeben sollte. Ich wurde misstrauisch. Widerwillig gab ich die Adresse ein und tippte auf „Senden“. Ein paar Sekunden später kam eine E-Mail. Wieder mit einem 6-stelligen Code. Langsam glaubte ich an Beschäftigungstherapie. Ob das Gerät gemerkt hatte, dass ich Urlaub hatte? Also gab ich auch diesen Code wieder ein und drückte auf „Senden“. Was dann kam, kann ich aus heutiger Sicht nur noch mit „zutiefst erschütternd“ beschreiben. Denn so im Stich hatte ich mich von Technik eines Weltkonzerns auch noch nie gelassen gefühlt. Es folgte eine Meldung, die mich darüber informierte, dass mein Konto nun auf unbestimmte Zeit gesperrt würde und ich in den nächsten Tagen informiert würde, wie lange die Sperre aufrechterhalten wird. Jetzt war eine Grenze überschritten. Ich war fuchs Teufels wild und hatte Null Verständnis für die Animositäten dieses teuren Lifestyleproduktes. Ich war fest entschlossen, das so nicht hinzunehmen. Doch fürs Erste schien ich keine Optionen mehr zu haben und ich war auch schon zu genervt, um noch etwas zu erreichen.

Immer wenn etwas nicht so läuft, ist es gut mal einen Schritt zurückzumachen und etwas Zeit verstreichen zu lassen. In diesem Sinne, ließ ich die Sache mal auf sich beruhen. Doch drei Tage später wurmte es mich zu sehr und ich musste es wieder versuchen. Außerdem hatte sich bis jetzt niemand gemeldet und gesagt, wie lange ich eigentlich noch gesperrt sein würde. Also wieder in die Funktion für das Rücksetzen des Passwortes, einen Code eingeben und plötzlich gab es Gewissheit: “Ihr Konto ist noch für 11 Tage gesperrt. Während dieser Zeit wird das Konto überprüft“. Ich verstand die Welt nicht mehr. Tatsächlich werde ich für 14 Tage gesperrt, weil ich mein Passwort nicht mehr wusste? Und was wird da bitte überprüft? Das ich tatsächlich ich bin und nicht ein böser Hacker? Wie genau wollen die das tun?

Es war Zeit mit dem Support zu telefonieren, denn so konnte es ja wirklich nicht gehen! Ein wenig auf der Support-Seite gestöbert und schon war der Button mit der Rückruf-Funktion gefunden. Ein Klick und schon läutete das Handy. Nach etwa 4 Minuten war die erste menschliche Stimme zu hören. Zwar in gebrochen Deutsch (ich war nicht verwundert, denn Support muss billig sein, auch wenn es die Produkte nicht sind und daher ist dieser selten mit deutschen Muttersprachlern ausgestattet), aber immerhin ein Mensch. Ich stelle mein Problem vor und die Damen reagierte souverän mit den Texten, die ich schon auf der Support-Webseite gelesen hatte. Es beschlich mich der Verdacht sie würde mir die Webseite vorlesen. Ich unterbrach sie und versuchte mein Problem mit Nachdruck erneut zu formulieren. Sie reagierte sofort und versuchte mich zu beruhigen. Ich erinnerte mich an meine bisherigen Erfahrungen mit Hotlines und rief mir in Erinnerung, dass die Hotline ja geschult war, mit Standardantworten und Deeskalation zu arbeiten. Ich musste zu jemanden der mehr kann. Also erklärte ich, dass Standardantworten und Beruhigungsfloskeln nicht das wäre was ich bräuchte und dass bei den Produktpreisen es wohl nicht ihr Ernst sein könnte, dass ich jetzt mein Produkt insgesamt 14 Tage nicht verwenden könne. Sie knickte ein und verband mich mit dem Supervisor. Diese armen Menschen bekommen die schlimmsten Anrufer bei der Hotline ab und müssen daher noch besser geschult sein, daher begann auch er Verständnis für das Problem zu zeigen und dass er auch nichts machen könnte. Das wollte ich nicht gelten lassen und appellierte an seine Hilfsbereitschaft. Und tatsächlich, er versuchte mit mir eine Lösung zu finden. Wir begannen einige Dinge auszuprobieren und es keimte wieder Hoffnung auf mich aus dem Dilemma befreien zu können. Doch dann kamen wir an einen Punkt, an dem Alles für mich zusammenfiel. Nach mehreren Versuchen das Passwort zurück zusetzen kamen wir in einen anderen Dialog und mit dem Geräte-PIN sollte wir das Rücksetzen abschließen. Doch was kam war eine Fehlermeldung. Nach weiterem Troubleshooting kam heraus, dass die Verschlüsselung des WLAN zu unsicher wäre. Was!!??? Das WLAN-Modem war das aktuellste Modell, welches Österreichs größter Internetprovider zu bieten hatte und das ist für das „i“-Gerät zu unsicher?

An dem Punkt endete auch mein Telefonat mit dem Supervisor. Ich war professionell freundlich gewesen und bedankte mich für seinen Einsatz, da er tatsächlich der Erste war, der wieder etwas wie Hoffnung aufkommen ließ. Zumindest hatte er mir noch den Tipp mit auf den Weg gegeben, zum Flagship-Store des Herstellers zu gehen, da diese die Infrastruktur hätten, um das Rücksetzen doch noch am Gerät zu vollenden.

Doch erstmal wollte ich wissen, ob denn nicht mein Internetanbieter was Besseres in Sachen WLAN zu bieten hätte und rief an. Nach einer kurzen Ansage, dass ich meine Rechnung nicht gezahlt hätte, wurde aufgelegt. Ich verstand die Welt nicht mehr. Der Internetanschluss bei uns zuhause lief nicht auf meinen Namen und ich hatte auch keinen anderen Vertrag mit dem Unternehmen. Wer hatte sich also meine Telefonnummer unter den Nagel gerissen? Ich nahm das Handy meiner Frau und rief erneut bei der Hotline an. Diesmal kam ich durch und es stellte sich heraus, dass einer meiner ehemaligen Kunden, aus der Zeit, wo ich noch IT-Dienstleitungen angeboten hatte, meine Telefonnummer als Ansprechpartner hinterlegt hatte und dieser offenbar seine letzten Rechnungen nicht gezahlt hatte. Löschen wollten sie meine Telefonnummer nicht und das auch nicht als ich mit der DSGVO drohte. Ich musste in eines der Kundencenter fahren, aber das ist eine andere Geschichte und viel wichtiger war ohnehin, dass ich immer noch 11 Tage gesperrt war und dass obwohl ich jederzeit meine Identität nachweisen könnte. Das fühlt sich insbesondere bei einem Premiumhersteller wie Willkür an und nicht wie die Wahrung meiner Sicherheit.

Das Passwort werde ich in Zukunft aufmerksamer verwalten, aber vor allem wird mir diese Situation in Erinnerung bleiben und das immer wenn ich einen Apfel sehe.